Ayurvedisches Fasten


Fasten ist immer eine gute Sache!


Fasten ist in gewisser Weise ein Reset für den gesamten Stoffwechsel, vorausgesetzt, der Vorgang des Fastens ist individuell auf die Person abgestimmt.


Ein prophylaktisches Fasten ist zweifelsohne die beste Voraussetzung für die Gesunderhaltung des Körpers, nicht zuletzt auch des Geistes.

Dennoch gibt es vielerlei weitere Gründe, warum für eine gewisse Zeitspanne ein (weitestgehender) Verzicht auf Nahrung sinnvoll sein kann, nämlich dann, wenn z.B. Entzündungsprozesse im Körper ablaufen, bei Herz-Kreislaufproblemen, bei hormonellen Störungen, bei Schlaf- und Durchschlafproblemen, bei Arthrose, bei Stoffwechselstörungen, bei Verdauungsproblemen, bei diversen Hautproblemen, Übersäuerung, Migräne, Asthma u.v.m.


Es gibt viele Formen des Fastens, als da wären z.B. das Saftfasten, Fasten mit Brühen und Suppen, ketogene Ernährungsweise, Heilfasten, Intervallfasten, Schrothkur, Basenfasten, Ein-Tag-Fasten, Fasten nach F.X. Mayr oder Hildegard von Bingen usw. usw. Weitere Formen des Fastens will ich hier nicht weiter aufzählen.


Als leidenschaftliche Verfechterin des Ayurveda aber will ich den ayurvedischen Grundgedanken des Fasten zur Sprache bringen, denn hier spricht man vom Verdauungsfeuer (Agni), vom Ama (Giftstoffe, Schlacken), von Shrotas (feine Kanäle im Körper), den drei Gunas 1. Sattva (Reinheit, Harmonie), 2. Rajas (Bewegung, Aktivität) und 3. Tamas (Trägheit, Zersetzung, Passivität), von Ojas (Wohlbefinden, mentale und körperliche Stärke, Frische, Vitalität), von Dhatus (Körpergewebe) und nicht zuletzt von den drei Hauptdoshas Vata, Pitta und Kapha.


Das Verdauungsfeuer (Agni) sollte laut Ayurveda nie ganz erlöschen, da der unter einer Kurmaßnahme gezielt ayurvedisch manipulierte Stoffwechsel das im Fastenvorgang leise brennende Verdauungsfeuer zum Abtransport anfallender Abbauprodukte (Ama) nutzt.


Im Ayurveda ordnet man diesen Prozess hauptsächlich dem Dosha Vata unter. Vata mit all seinen Subdoshas sorgt dafür, dass das Ama, welches sich im Körper angesammelt hat, systematisch aus der Peripherie nach innen zum Zentrum des Organismus geleitet und durch gezielte Stoffwechselvorgänge auf unterschiedlichen Wegen ausgeschieden werden kann. Diese inneren Bewegungen werden mittels verschiedener ayurvedischer Kräuter und Gewürze unterstützt in feiner Abstimmung mit den zwei anderen Doshas.


Ama schafft Tamas, also einen tamasischen Zustand in Körper, Geist und Seele. Dieser äußert sich durch Trägheit, Schläfrigkeit, Abgestumpftheit, schlechte Verdauung, oftmals Adipositas, Heißhungerattacken, Depressionen, Psychosen, Unehrlichkeit, Gefühllosigkeit, Verwirrtheit, Hass, bis hin zur Zerstörungswut.


Tamasische Nahrungsmittel können - gezielt eingesetzt - durchaus positiv therapeutisch wirken bei Angstzuständen und hoher Nervosität. Dazu gehören z.B. Erdnüsse, Baldrian, Mohn, Eier, Geflügelfleisch, Fleisch, Fisch, oder auch Knoblauch und Zwiebeln.


Im Ayurveda gibt es kein generalisiertes Gut und Böse in der Auswahl von Nahrungsmitteln. Es kommt auf die richtige Einordnung der Verteilung der Doshas in einer Person an. Was für den einen wohltuend und gesundend ist, kann dem anderen regelrecht schaden. Hieraus mag erkennbar werden, dass Lebensmittel regelrecht zu guter Medizin werden können.


Ein weiterer, nicht zu vernachlässigender Aspekt des Ayurveda ist die Beeinflussung der Jahreszeiten auf den Organismus. Winters, wenn das Vata aktiv ist, spüren die meisten Menschen z.B. ein Austrocknen der Gewebe. Zudem gestaltet sich u.U. der winterliche Ernährungsplan völlig anders als der zur Sommerzeit, wenn nämlich das Pittadosha aktiv ist. Im Sommer würde man wohl kaum auf die Idee kommen, einen Grünkohleintopf zuzubereiten usw.


Um die intelligente innere Vatabewegung in Gang setzen zu können, wird der Körper für den Einstieg ins Fasten sorgsam vorbereitet. Hierfür wird zunächst die Energie des Vata dafür genutzt, giftige Substanzen, die den Körper unnötig belasten, in der Peripherie zu binden. Dies geschieht i.d.R. mit dem Trinken von warmem Ghee, dem ayurvedischen Butterreinfett. Denkbar für eine Ausleitung ist auch das Vamana, bei dem mittels spezieller Kräutergaben das therapeutische Erbrechen ausgelöst wird. Auch hier wird vorab sehr sorgsam eruiert, für welche Personen eine solche Maßnahme angezeigt wäre.


Mittels Kräuter, Massagen mit stoffwechselanregenden Ölen, dem Svedhana (dem ayurvedischen Schwitzen), der Garshanmassage mit Wildseidenhandschuhen, Trockenmassagen mit bestimmten Pulvern, wie z.B. Ajowan, das stark erhitzend, stoffwechselanregend und erfrischend wirkt und weiteren individuell angepassten ayurvedisch-medinischen Maßnahmen, werden schließlich alle den Organismus belastenden Substanzen systematisch ausgeleitet. Genau hierin liegt die Kunst! Jeder Körper reagiert anders und benötigt sein ganz eigenes Tempo, sowohl im Prozess der Bindung von Giftstoffen als auch im Prozess der ausleitenden Maßnahmen.


Als Einstieg in z.B. das Panchakarma (übersetzt "die 5 Handlungen"), der großen ayurvedischen Reinigungskur, wird i.d.R. das Gheetrinken eingesetzt zum Binden aller giftigen Substanzen im gesamten Organismus. Wie schnell dieser Prozess vonstatten geht, ist individuell sehr verschieden. Erst wenn der Körper regelrecht durchtränkt ist mit dem reinen Butterfett, wird systematisch ausgeleitet, um alle feinen Shrotas, die feine Kanäle des Körpers, wieder frei zu machen für gesunde Stoffwechselvorgänge, gesunde Dhatus (Körpergewebe), einem gesunden, wachen Geist, Vitalität, Kraft, Harmonie und Lebensfreude. Panchakarma ist sozusagen der ayurvedische Kollege des Schornsteinfegermeisters. Nach so einer Kur fühlt man sich leicht, durchgeputzt und rein.


Während so einer Kur wird sehr leichtes, weniges Essen, viele Kräutertees neben diversen ayurvedisch-medizinischen Kräutergetränken und Kräuterpresslingen gereicht. Ganz sanft wird mithilfe von bestimmten Nahrungsmitteln das Agni (Verdauungsfeuer) am Glimmen gehalten.


Panchakarma sollte stets von ayurvedisch geschultem Ärztepersonal begleitet werden. Insbesondere ein unzureichendes Ausleiten kann schwere gesundheitliche Folgen nach sich ziehen.


Zu den 5 Handlungen des Panchakarma (Pancha = 5, Karma "Handlungen") gehören


  1. das Nasya Karma, in dem medizinische Substanzen in die Nase gebracht werden
  2. das Vamana, therapeutisches Erbrechen
  3. das Virechana, therapeutisches Abführen
  4. das Asthapana Basthi, rektaler medizinischer Einlauf
  5. das Rakta Mokshana, Aderass zur Blutreinigung, welches in Deutschland nicht durchgeführt wird


Im Anschluss einer solchen Kur sollten stets hochwertige, sprich sattvische Nahrungsmittel auf den Tisch kommen: frische Gemüse, Obst, Reis, Hülsenfrüchte (insbesondere die gelben Linsen - "Königslinsen") Nüsse, Saaten, Kräuter, wenig helles Fleisch, ein wenig Fisch und frische Eier. Je nachdem, wie die Doshas im Körper verteilt sind, kann der Ernährungsplan angepasst werden, um möglichst viel Ojas zu generieren, welches für Frische, Vitalität, Kraft, einer guten Resilienz, für gute Gesundheit, positiver Energie und ein langes Leben steht.


Nun muss man nicht gleich eben diese große ayurvedische Kur durchführen - also nicht gleich den Schornsteinfegermeister bemühen - um eine gesunderhaltende, oder gesundende Fastenkur im Sinne des Ayurveda durchführen zu können. Es reicht durchaus der angestellte Schornsteinfeger, der seinen Job genauso gut erledigen kann.


Zur Vorbereitung einer kleinen Fastenkur daheim eignet sich z.B. das Kitchari, eine leichte ayurvedische Mahlzeit, die 3-5 Tage vor Beginn der Fastenkur gegessen werden sollte.


Rezept:


Mungbohnen und Reis im Verhältnis 1:1 kochen mit folgenden Gewürzen, Gemüsebrühe und Gemüsen:


Kreuzkümmel gemahlen, Fenchelsamen gemahlen, etwas Zimt, Kurkuma, Koriander gemahlen, Ingwer, Salz, schwarzer Pfeffer, Asafoetida (wenn Knoblauch nicht vertragen wird), z.B. Möhren in feine Würfel geschnitten, Süßkartoffel, Mangold, Spinat, Kürbis - eben Gemüse je nach Jahreszeit, ausgenommen Kohl. Bestenfalls kann der milde Chinakohl genommen werden.


Fleisch, Eier und Fisch sind während der Kur kontraindiziert.


Die Konsistenz des Kitchari sollte leicht suppig sein.


Wer Mungbohnen nicht mag oder verträgt, kann auch nur Reis nehmen.


Das Kitchari-Rezept mag zunächst etwas langweilig wirken, aber durch verschiedene Gemüse- und Gewürzvariationen schmeckt es jedes mal etwas anders. Außerdem spürt man schnell eine wohltuende Leichtigkeit im ganzen Körper. Das ist doch eine perfekte Motivation zum Weitermachen!


Gern leite ich Sie an im Umgang mit dem kleinen Bruder der großen Panchakarmakur.



Alle anderen oben aufgeführten Fastenkuren haben ebenfalls ihre Berechtigung. Wir Menschen sind alle unterschiedlich. Jeder Mensch sollte für sich herausfinden, welches Fasten für ihn gut ist. Wichtig ist, ein gesundes Körperempfinden zu entwickeln, lernen, sich sensibel zu beobachten, Grenzen auszuloten und die Begleitung durch eine geschulte Fachkraft vorab zu klären.